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Ruhe bitte!

Die Welt aus der Sicht einer Hochsensiblen.

 


 

Das Wort Hochsensibel ist schon ziemlich ausgelutscht und dennoch werde ich es verwenden. Denn im Grund beschreibt es recht gut, wie es diesen Menschen geht.

Sie sind sehr sensibel, in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Sie nehmen viel mehr wahr als die meisten Menschen. Damit umzugehen kann stellenweise sehr herausfordernd sein, vor allem wenn man glaubt, dass etwas nicht mit einem stimmt. Doch diese Menschen sind nicht krank, sondern sie haben viel feinere Antennen.


Wer kennt es nicht, die Welt dreht sich rasant, es wird immer alles schnelllebiger. Manchmal möchte man gerne die Welt anhalten und einfach aussteigen. Viele Menschen sind so voll und abgestumpft, von dem ständigen Lärm und dem ganzen Trubel, dass sie gar nicht mehr wahrnehmen, wie voll sie eigentlich sind. Und dass ein Wochenende schon lange nicht mehr reicht, um herunterzufahren, sein Nervensystem zu regulieren und sich zu regenerieren.


Vor kurzem habe ich davon gehört, dass es jetzt STILLE EINKAUFSZEITEN gibt, für z.B. autistische Menschen. Anscheinend würden es auch die anderen Einkäufer als sehr angenehm und entspannter empfinden, in dieser Zeit einzukaufen.

Da frag’ ich mich als hochsensible Frau, warum dann überhaupt noch laute Einkaufszeiten?


Ich weiß nicht, ob es Dir noch auffällt, wie oft und wie viel Du beschallt wirst?

Denn alle meinen, dass es so toll ist Musik laufen zu lassen. Beim Einkaufen, im Café, wenn wir essen gehen,…. Überall läuft irgendein Gedudel und meisten, der größte Schrott. Nichts was eine angenehme Atmosphäre, einen Raum zum länger verweilen oder entspannen einladen würde. Oft ist das Gegenteil der Fall, man schaut, dass man so schnell wie möglich wieder Land gewinnt.

Und mal ganz ehrlich, wer hat schon mal in einem Supermarkt etwas gekauft, nur weil der Artikel gerade durch die Lautsprecher geplärrt wurde?

Viele bekommen gar nicht bewusst mit, dass etwas, geschweige denn was da überhaupt, läuft.


Als ich früher noch im Verkauf gearbeitet habe, sagten Kolleg*innen immer wieder, dass sie es gar nicht mehr mitbekommen. Und ich sage, dass es dennoch etwas mit uns macht. Du musst mir nicht glauben, testen es selber. Gehe zum Vergleich in ein Geschäft, in dem keine Musik läuft und dann in eins wo Musik läuft und beobachten dann mal wie es sich anfühlt. Wo verweilst Du länger, wo schaust Du sich länger um? Wo isst Du noch gerne einen Nachtisch und trinken einen Kaffee, weil es so gemütlich ist?

Das ist es, was ich nicht verstehe, dass Geschäftsinhaber nicht lieber entspannte Kunden haben, die sich länger im Laden aufhalten und in einer ruhigen Atmosphäre vermutlich auch noch mehr einkaufen?

Vor allem in Cafés und Restaurants will man doch in Ruhe sein Essen genießen und sich mit den Personen am Tisch unterhalten können. Was wir alle kenne ist, dass es automatisch lauter wird, wenn Menschen sich unterhalten und das wird dann von gut gemeinten Rhythmen aus den Lautsprecherboxen noch gepusht. Die Lautstärke steigt an. Oft hat man dann Mühe sein Gegenüber zu verstehen, eine Bahnhofshallen-Atmosphäre entsteht.

Gemütlich ist anders!

Wer kennt’s? Hand aufs Herz, ich glaube, das erlebe nicht nur ich als Hochsensible so.


Vor kurzem habe ich gehört, wie Frauen am Tisch neben mir, von drinnen nach draußen gewechselt haben, weil es ihnen drinnen zu laut war. Eine der Damen hatte einen Gehörsturz und meinte, dass sie seit dem solche Dinge noch mehr wahrnimmt und diesen Krach nicht mehr brauchen kann. Das verstehe ich nur zu gut. Denn in manchen Geschäften fragt man sich echt, bin ich hier beim Einkaufen/Essen oder doch in einer Disco gelandet.


Schauen wir mal die Menschen, die dort arbeiten, an. Ich höre von vielen Seiten, ob ich es will oder nicht 😉, dass es mit Kunden, aber auch Patienten immer schlimmer wird. Und im Gegenzug hört man Kunden und Patienten schimpfen über das unfreundliche Personal. Was ist hier los? Die Menschen sind voll und sehnen sich nach Ruhe, sie wollen mal verschnaufen vom Rennen im Hamsterrad. Ständige Überreizung an allen Ecken. Läuft dann irgendwo noch das Radio, dann werden die Menschen, noch ständig mit Hiobsbotschaften zugemüllt, steter Tropfen höhlt den Stein. Die beiden Seiten werden zum gegenseitigen Blitzableiter und das alles untermalt von wummernden Beats.


Wer jetzt sagt, das ist doch Quatsch mit Soße, gehört aber vielleicht auch zu denjenigen, die beim Rückwärtsfahren, die Musik ausmachen, weil sie sich konzentrieren müssen. 😉


Manchmal, wenn ich genervt bin von dem unnötigen Lärm um mich herum, dann frage ich mich, ob es Menschen gar nicht mehr in der Stille aushalten. Bräuchten wir aber nicht alle weniger Reize, weniger Lautstärke, weniger von zu Viel, damit wir mal wieder die Seele baumeln lassen können. Und tief durchatmen. Ist es nicht JETZT an der Zeit, zur Ruhe zu kommen, bevor man in einem Burnout landet?


Hochsensible können hier ganz gute Sensoren sein, um zu erkennen, wo man noch Stellschrauben drehen könnte, um mehr Wohlgefühl für alle zu schaffen. Wir sind quasi wie ganz feine Seismografen, die schon ein Erdbeben bevor es entsteht.



Und wer weiß, vielleicht haben ich Dir jetzt auch ein wenig Appetit gemacht auf mehr Ruhe. Oder der ein oder andere Geschäftsinhaber versucht es einfach mal ohne Musik aus. Vielleicht einfach mal damit experimentieren, den Lautstärkeregler herunterdrehen oder unaufdringlich Musik, die entspannt und entschleunigt.


Auf jeden Fall wünsche ich mir für uns alle ein entspanntes, entschleunigtes Miteinander. Indem wir einander nicht mehr mit Krach und Lärm überschütten und anstatt dessen wieder mehr Begegnungen entstehen und echter Austausch. Einfach, weil wieder Platz dafür ist und sich Menschen dann auch nicht mehr mit Kopfhörern in ihre abgeschottete Welt verziehen „müssen“, weil ihnen die Welt da draußen zu laut und zu krass geworden ist.


 


In der Ruhe liegt die Kraft.

~Konfuzius~









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